22.02.2010

Infratest-Umfrage: Hamburger geteilter Meinung

Eine Befragung von 1000 repräsentativ ausgewählten wahlberechtigten Hamburgern vom 17. bis 21. 2. 2010 durch Infratest dimap im Auftrag des NDR ergab ein Patt bei der Schulreform: 45% der Befragten sind für die sechsjährige Primarschule, 46% für die vierjährige Grundschule. Auch bei Eltern mit schulpflichtigen Kindern zeichnet sich derzeit kein Trend ab (46% / 46%). Grünen-Anhänger sind mehrheitlich für, FDP-Anhänger mehrheitlich gegen die Reform, CDU-Anhänger eher dagegen, SPD-Anhänger unentschieden. Einzelheiten beim NDR.

18.02.2010

Forsa-Umfrage: Mehrheit für Primarschule

In einer Umfrage des Forsa-Instituts Berlin für das Hamburger Magazin stern hat sich die Mehrheit für die Primarschule (oder eine entsprechende Schulform) ausgesprochen. Am 11. und 12. 2. 2010 wurden 1000 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger befragt. Davon waren 53% für eine sechsjährige Grundschulzeit, 35% für eine vierjährige Grundschulzeit, 12% konnten sich nicht entscheiden. (Statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte). Näheres hier.

12.02.2010

Elternwahlrecht: Wenn schon, denn schon!

Offenbar wünschen sich viele Eltern ein Elternwahlrecht nach Klasse 6. Sie wollen ihre Kinder auch dann auf das Gymnasium schicken dürfen, wenn die Lehrer davon abraten. Der Senat hat gestern bekannt gegeben, dass er diesem Wunsch entsprechen und ein Probejahr einführen will. Was ist davon zu halten?

Politisch gesehen ist dieses Zugeständnis klug. Es erhöht die Zustimmung zur Schulreform. Mehr Hamburger werden beim Volksentscheid im Juni für die Primarschule stimmen.

Pädagogisch gesehen ist das Probejahr aber höchst problematisch. Denn damit wird eine wichtige Errungenschaft der Schulreform aufgegeben: der Verzicht auf Abschulung. Weiterhin wird es Schüler und Schülerinnen geben, die die bittere Erfahrung des erzwungenen Schulwechsels machen müssen (dabei ist längst bekannt, welche desaströsen Folgen das für den Lernweg hat). Weiterhin wird es Gymnasiallehrer geben, die sich auf einer Der-gehört-nicht-hierher-Haltung ausruhen (statt sich für die ihm anvertrauten Kinder verantwortlich zu fühlen). Außerdem werden die Stadtteilschulen Plätze für die Rückläufer vorhalten und damit leben müssen, dass die gerade zusammen gewachsenen Klassen durch Neuzugänge aufgemischt werden.

Konsequent wäre ein Elternwahlrecht ohne Probezeit und Abschulung: Wer aufs Gymnasium geschickt wird, der bleibt auch da bis zum ersten Schulabschluss. Das stellt die Gymnasien vor neue Aufgaben. Sie können Schüler und Schülerinnen, die mit dem zwölfjährigen Abitur überfordert sind, nicht mehr abschieben, sondern müssen sie in verantwortungsvoller Weise zu einem Real- oder Hauptschulabschluss führen. Aber diese Herausforderung werden sie ohnehin annehmen müssen.

10.02.2010

Klare Verhältnisse durch Volksentscheid!

Die Gespräche zwischen Senat und Wir wollen lernen sind heute ausgesetzt worden. Das ist bedauerlich, weil nun bis zum Sommer offen bleibt, ob die Primarschule wirklich kommt. Es ist aber immer noch besser als das, was mit den jüngsten Kompromissvorschlägen auf uns zugekommen wäre: ein jahrelanges Hin- und Hergezerre auf dem Rücken unserer Kinder. Dann lieber Volksentscheid! Wenn alle Befürworter der Schulreform im Juni zur Wahl gehen, wird Scheuerl scheitern - und wir haben klare Verhältnisse.

Ole von Beust für längeres, gemeinsames Lernen

In einem Interview auf SPIEGEL ONLINE erläutert der 1. Bürgermeister Ole von Beust warum Schüler länger gemeinsam lernen sollen.

[...]
SPIEGEL ONLINE: Früher waren Sie ein "glühender Verfechter" des dreigliedrigen Schulsystems, so haben Sie es selbst gesagt. Heute treten Sie sehr vehement für längeres gemeinsames Lernen ein. Wo wurzelt Ihre neue Überzeugung, gab es eine Art Erweckungserlebnis?

Beust: Es war ein Prozess, keine Bekehrung. Ich habe mich lange mit Integrationsfragen auseinandergesetzt. Ich bin fest davon überzeugt, dass längeres gemeinsames Lernen für eine gelungene Integration unabdingbar ist - nicht nur für den hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit ausländischem Kulturhintergrund, sondern auch für deutsche Kinder, denen die Lernmotivation nicht von zu Hause mitgegeben wird. Beide Gruppen brauchen bessere Chancen - ohne dabei die guten Schüler zu vernachlässigen. Die Gesellschaft sieht heute anders aus als vor 30 Jahren, dieser Tatsache muss man sich auch bildungspolitisch stellen.

[...}
SPIEGEL ONLINE: Die Hamburger Schulreform hat bundesweite Bedeutung: Womöglich wagen sich alle anderen Bundesländer auf viele Jahre nicht mehr an ein längeres gemeinsames Lernen heran, wenn's in Hamburg scheitert. Teilen Sie diese Einschätzung?

Beust: Ich denke schon. In der Union sind viele kritisch, andere sagen: Wir warten lieber ab, aber im Grunde habt ihr recht. Wenn es gelingt, diese Reform in Hamburg zu machen, ist es ein Signal für viele andere Bundesländer, einen ähnlichen Weg zu gehen. Auch deshalb werde ich persönlich alles dafür tun, dass die Schulreform ein Erfolg wird.

Das vollständige Interview mit von Beust finden Sie bei Spiegel Online.

Quelle: Spiegel Online vom 10.02.2010

08.02.2010

Bürgerallianz "Chancen für alle" gegen Versuchsphase

Die Hamburger Allianz für Bildung "Chancen für alle" hat in einer Pressemitteilung Dr. Walter Scheuerl, den Sprecher der Initiative Wir wollen lernen, aufgefordert, Namen zu nennen. Scheuerl hatte nämlich behauptet, "namhafte Experten" hielten es für möglich, nach einer dreijährigen auf einige Schulen begrenzten Versuchsphase zu beurteilen, welches Schulsystem besser ist: die vierjährige Grundschule oder die sechsjährige Primarschule. Chancen für alle ist gegen eine solche Versuchsphase. „Bisher haben wir nämlich noch niemanden gehört, der (...) eine Output-Evaluation nach drei Jahren für seriös hält.“ Dagegen habe sich eine große Zahl von Bildungsexperten für längeres gemeinsames Lernen und die Einführung der Primarschule ausgesprochen, z.B. Prof. Dr. Klaus Klemm (Essen), Prof. Dr. Jürgen Oelkers (Zürich), Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann (Bielefeld), Prof. Dr. Hilbert Meyer (Oldenburg), Prof. Dr. Hans-Günter Rolff (Dortmund), Prof. Dr. Herbert Altrichter (Linz), Prof. Dr. Annedore Prengel (Potsdam), Prof. Dr. Hartmut von Hentig (Bielefeld), Prof. Dr. Dagmar Bergs-Winkels (Hamburg), Prof. Dr. Dieter Röh (Hamburg), Prof. Dr. Helmut Richter (Hamburg), Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker (Hamburg), Prof. Dr. Michael Lindenberg (Hamburg), Prof. Dr. Matthias Nauerth (Hamburg), Prof. Dr. Peter Struck (Hamburg) und viele andere. Link: Chancen für alle.

03.02.2010

Und täglich grüßt der Schulstreit

So lautet die Überschrift des Kommentars der Süddeutschen Zeitung zum aktuellen Stand der Diskussion zwischen dem Senat und der Initiative "Wir wollen lernen".

Ein Kommentar von Ralf Wiegand

Quelle: Süddeutsche Zeitung - Meinungsseite vom 03.02.2010

So lange über die Schulreform diskutiert wird, gibt es keine falschen Entscheidungen. Doch die schwarz-grüne Koalition muss mehr riskieren.

[...]

Die vierte Runde des zähen Ringens um eine Reform endete mit der Aussicht auf eine fünfte. Solange verhandelt wird, können wenigstens keine falschen Entscheidungen getroffen werden, das ist das eine. Basisdemokratisch steht damit alles zum Besten an der Elbe, selten genug sitzen Regierende und Regierte gemeinsam an einem Tisch und diskutieren darüber, was das Beste sein könnte für die Kinder der Stadt. Ob eine andere Regierungskoalition so viel Geduld aufgebracht hätte, um einen teuren Volksentscheid zu verhindern, ist reine Spekulation. Eher: nein.

[...]

Andererseits muss Schwarz-Grün aufpassen, dass der Kern der Reform nicht weich diskutiert wird. Bevor die Überzeugung, dass gemeinsames Lernen besser ist, zum Modellversuch zerredet wird, sollte sich die Regierung lieber mit Verve dem Votum der Bürger stellen. Mit Pauken und Trompeten siegen oder untergehen mit fliegenden Fahnen - Geschichte wäre es so oder so.

02.02.2010

ER der Clara-Grunewald-Schule gegen Verzögerung der Schulreform

Der Elternrat der Clara-Grunewald-Schule hat sich in einem Schreiben an Schulsenatorin Goetsch und Bürgermeister von Beust für eine zügige Einführung der Primarschule ausgesprochen. Man sei enttäuscht über die Kompromisse, die der Senat der Initiative Wir wollen lernen angeboten habe. "Mit Unverständnis nehmen wir (...) zur Kenntnis, dass nun die Gegner der Schulreform als Sachverständige zur Beurteilung ihres Erfolgs eingeladen werden, nicht dagegen deren Befürworter, die sich umfassend informiert haben, sich für die Umsetzung an den Starterschulen engagieren und damit persönliche Erfahrungen sammeln werden. Mit einem zusätzlichen Elternwahlrecht können wir leben, obwohl wir es an der jetzt vorgesehenen Stelle nicht für sinnvoll halten. Eine Verlangsamung in der vorgeschlagenen Weise lehnen wir jedoch strikt ab, weil sie drei Primarschul-Jahrgänge in ganz erhebliche Schwierigkeiten bringen würde." Elternrats-Homepage: ER Clara-Grunewald.