12.02.2010

Elternwahlrecht: Wenn schon, denn schon!

Offenbar wünschen sich viele Eltern ein Elternwahlrecht nach Klasse 6. Sie wollen ihre Kinder auch dann auf das Gymnasium schicken dürfen, wenn die Lehrer davon abraten. Der Senat hat gestern bekannt gegeben, dass er diesem Wunsch entsprechen und ein Probejahr einführen will. Was ist davon zu halten?

Politisch gesehen ist dieses Zugeständnis klug. Es erhöht die Zustimmung zur Schulreform. Mehr Hamburger werden beim Volksentscheid im Juni für die Primarschule stimmen.

Pädagogisch gesehen ist das Probejahr aber höchst problematisch. Denn damit wird eine wichtige Errungenschaft der Schulreform aufgegeben: der Verzicht auf Abschulung. Weiterhin wird es Schüler und Schülerinnen geben, die die bittere Erfahrung des erzwungenen Schulwechsels machen müssen (dabei ist längst bekannt, welche desaströsen Folgen das für den Lernweg hat). Weiterhin wird es Gymnasiallehrer geben, die sich auf einer Der-gehört-nicht-hierher-Haltung ausruhen (statt sich für die ihm anvertrauten Kinder verantwortlich zu fühlen). Außerdem werden die Stadtteilschulen Plätze für die Rückläufer vorhalten und damit leben müssen, dass die gerade zusammen gewachsenen Klassen durch Neuzugänge aufgemischt werden.

Konsequent wäre ein Elternwahlrecht ohne Probezeit und Abschulung: Wer aufs Gymnasium geschickt wird, der bleibt auch da bis zum ersten Schulabschluss. Das stellt die Gymnasien vor neue Aufgaben. Sie können Schüler und Schülerinnen, die mit dem zwölfjährigen Abitur überfordert sind, nicht mehr abschieben, sondern müssen sie in verantwortungsvoller Weise zu einem Real- oder Hauptschulabschluss führen. Aber diese Herausforderung werden sie ohnehin annehmen müssen.